Alice Sebold – In meinem Himmel

„In meinem Himmel“ von Alice Sebold ist 2003 im Goldmann Verlag erschienen.

Klappentext

Susie Salmon hat ihr ganzes Leben noch vor sich. Das vierzehnjährige Mädchen wohnt mit seinen Eltern und seinen beiden Geschwistern in einer Kleinstadt in Pennsylvania, wo jeder jeden kennt und die Idylle noch intakt scheint. Doch an einem Tag im Dezember 1973 ist plötzlich alles zu Ende. Auf dem Heimweg wird Susie von einem Nachbarn angesprochen, der sie in eine tödliche Falle lockt. Er vergewaltigt und ermordet das Mädchen, und obwohl ihre Leiche nicht gefunden wird, ahnt die Polizei bald, was mit Susie geschehen ist. Und auch ihre Eltern müssen schließlich erkennen, dass sie ihre Tochter für immer verloren haben. Doch Susies Existenz ist nicht ausgelöscht. Sie befindet sich in ihrem ganz persönlichen Himmel, der ihrer früheren Welt ähnelt, sich aber immer wieder verwandelt und verändert. Von diesem persönlichen paradies verfolgt Susie das Leben ihrer Familie und ihrer Freunde, die mühevoll nach Wegen suchen, um ihren Verlust zu verarbeiten. Aber auch Susie muss lernen, das Geschehene zu begreifen und ihren Frieden damit zu schließen …

Einstieg ins Buch

Mein Nachname ist Salmon, also Lachs, wie der Fisch; Vorname Susie. Ich war vierzehn, als ich am 6. Dezember 1973 ermordet wurde. …

Meine Meinung

Susie Salmon ist 14 Jahre alt, als der Nachbar der Familie sie missbraucht und ermordet. Mr. Harvey ist bis dahin ein unauffälliger, netter Mann und deshalb hat Susie auch keinen Grund ihm zu misstrauen, als er sie in sein Versteck lockt. Die Polizei fängt sofort nach dem Verschwinden von Susie an zu ermitteln, doch findet die Polizei keinerlei Anhaltspunkte. Als die Vermutung, dass Susie einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist zur Gewissheit wird, zerbricht die Familie. Susie ist immer dabei und beobachtet ihre Familie, Freunde, die Polizei und auch Mr. Harvey aus „ihrem Himmel“ heraus. Sie sieht, wie ihr Vater leidet und ihre Mutter sich in den Alkohol rettet, wie ihr kleiner Bruder langsam begreift, was passiert sein muss und Susie nie mehr nach Hause kommt. Sie verfolgt wie die Polizei einfach keinen Schritt vorwärts kommt und ihr Mörder seine Spuren verwischt. Aus dieser Vogelperspektive bekommt sie mit wie jeder, der ihr nahestand versucht, mit dem schrecklichen Verlust klarzukommen und sein Leben irgendwie weiterzuleben. Und, dass alle irgendwann mit dem Kapitel Susie abschließen müssen.

Alice Sebold geht in diesem Roman mit größter Sensibilität an ein Thema heran, an das sich viele gar nicht erst rantrauen. Mit sehr offenen und ehrlichen Beschreibungen rührte Alice Sebold mich manchmal zu Tränen und kurz danach war ich wieder unfassbar wütend. Susie und ihre Familie und Freunde durch diese schwere Zeit zu begleiten war für mich sehr interessant. Oft habe ich mich gefragt, wie ich mich wohl verhalten würde, sollte mir so etwas passieren. Der Roman forderte mich zum Nachdenken auf, gerade weil Themen wie Missbrauch und Entführung – gerade bei Kindern – leider jeden Tag aktuell sind.

Sehr geschickt machte mich Alice Sebold auf die kleinen Alltäglichkeiten aufmerksam, auf die ich einfach nicht mehr achte, die aber dennoch so einzigartig und schön sind. Nur durch die Beschreibung der vielen Details, die Susie nach ihrem Tod wahrnimmt, wie beispielsweise Gerüche, Farben und besondere Situationen, wurde mir klar, wie wenig Dingen ich in der heutigen hektischen Zeit Beachtung schenke. Der Roman bekommt dadurch eine Tiefgründigkeit, die mir unterschwellig vermittelt und nicht aufgezwungen wurde. Ich konnte ganz wunderbar meine eigenen Ansichten entwickeln.

Über Susie Salmon selbst erfährt man tatsächlich sehr wenig. Der Roman beginnt auf den ersten Seiten mit ihrem Mord und gleich danach geht es nur noch um die Beobachtung und den Umgang der einzelnen Personen mit dem Verlust von Susie. Die Charaktere werden von Alice Sebold sehr realistisch und vielschichtig dargestellt und ich konnte mich in jede Person hineinversetzen. Sehr gut fand ich dabei, dass Mr. Harvey nicht in jedem zweiten Satz als schrecklicher Mörder benannt wurde, sondern lediglich die wenigen Beschreibungen von ihm ausreichten, um mich unbehaglich zu fühlen wenn es um ihn ging. Auch wenn Susie nicht so stark im Vordergrund steht, habe ich mit der Zeit eine Verbindung zu ihr aufgebaut und am Ende war ich dann schon ein bisschen traurig, dass unsere gemeinsame Reise vorbei war.

Das Ende war dann etwas losgelöst von der eigentlichen Geschichte und ist sicherlich nicht für jeden Leser nachvollziehbar. Gedanklich wird hier eine realistische Grenze überschritten. Für mich war das allerdings kein Problem, weil die wirklich sehr feinfühligen Beschreibungen mich mehr in ihren Bann gezogen haben als der Inhalt des Finales. Insgesamt hat mich das Buch oft aufgewühlt, aber auch manchmal Lächeln lassen.

Zitat

Es sollte einige Zeit dauern, ehe mir klar wurde, was Sie zweifellos bereits vermutet haben, dass ich nämlich nicht das erste Mädchen war, das er umbrachte. Er kannte sich aus mit dem Wegschaffen meiner Leiche aus dem Feld. (Seite 61)

Fazit

Dieses Buch beschreibt auf eine wunderschöne Art und Weise, wie eine Familie nach einem harten Schicksalsschlag erst zerbricht, schließlich aber wieder zusammenfindet. Es geht hier nicht um die Auflösung eines Mordes, deswegen hat das Buch auch keinen Thriller- oder Krimi-Charakter. Für jeden, der sich gedanklich auf dramatische Zwischenwelten einlassen kann. Von mir eine klare Leseempfehlung.

Bewertung

4/5

Der Autor

Alice Sebold hat an der Syracuse University studiert, in Manhatten und Kalifornien gelebt und für die New York Times sowie die ChicagoTribune geschrieben. Nach dem Buch „Glück gehabt“ ist „In meinem Himmel“ ihr zweites Werk und zugleich ihr international stürmisch gefeiertes Debüt als Romanautorin. Über Wochen stand der Roman auf Platz 1 sämtlicher amerikanischer Bestsellerlisten und wurde von lesern wie Kritikern als Meisterwerk bejubelt. Alice Sebold lebt mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Glen David Gold, in Kalifornien. (Quelle: Goldmann)

Titel der Originalausgabe: The Lovely Bones (2002)

Seitenanzahl: 381
ISBN: 3-442-45836-6
Verlag: Goldmann

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