„Herr der Fliegen“ (bezahlter Link) von William Golding ist 1993 im Fischer Verlag erschienen.
Klappentext
Eine Gruppe englischer Schuljungen gerät infolge eines Flugzeugunfalls auf eine unbewohnte Insel im Pazifischen Ozean. Kein Erwachsener überlebt. Zunächst erscheint der Verlust zivilisatorischer Ordnungsprinzipien leicht zu bewältigen: auf der Insel gibt es Wasser, Früchte, sogar wilde Schweine, die erlegt werden können. Ralph lässt Hütten bauen, erkundet die Insel, richtet einen Wachdienst für das Signalfeuer ein. Der gute Anfang aber führt in eine Krise, die bald diabolische Formen annimmt. Aus der Jagd wird blutiges Schlachten – die Jäger und die Hüter des Feuers geraten in einen Kampf auf Leben und Tod. Die Gemeinschaft zerfällt, Terror und barbarische Primitivität gipfeln im Machtrausch, der auch Mord nicht ausschließt. Das Beängstigende an diesem Gleichnis menschlicher Gesellschaft ist die Tatsache, dass diese Jungen keineswegs Monstren oder Verbrecher sind. Jeder von ihnen ist in irgendeiner Jungenklasse der Welt zu finden.
Einstieg ins Buch
Der blondhaarige Junge glitt das letzte Stück Felsen hinab und begann, sich zur Lagune durchzuarbeiten. …
Meine Meinung
Ein Flugzeug stürzt irgendwo im Nirgendwo auf einer Insel ab und nur eine Gruppe von britischen Jungs überlebt dieses Unglück. Kein Erwachsener überlebt das Drama und die Kinder im Alter zwischen 6 und 14 Jahre sind ganz auf sich allein gestellt. Sie müssen sich organisieren, um zu überleben, bis sie gerettet werden. Doch dieses Organisieren ist gar nicht so einfach. Immer fällt jemand aus der Reihe und beachtet die aufgestellten Regeln und Anweisungen nicht. Die ganz Kleinen zum Beispiel spielen lieber anstatt Hütten zu bauen und Jack geht lieber mit seiner Gruppe auf die Jagd, anstatt auf das Signalfeuer aufzupassen. Der von allen Kindern gewählte Anführer Ralph hat es nicht leicht die Gruppe beisammen zu halten und gerät am Ende selbst in allergrößte Schwierigkeiten. Überleben die Kinder bis Rettung kommt?
Dieses Buch habe ich damals in meinem Englischunterricht lesen müssen (auf englisch natürlich) und jetzt, Jahre später und mit einer anderen Sicht auf die Dinge, wollte ich es unbedingt noch einmal auf deutsch lesen. Für mich ist „Herr der Fliegen“ von William Golding ein Klassiker, der in jedem Bücherregal zu finden sein sollte.
Die Story an sich ist erschreckend. Kinder landen mutterseelenallein auf einer einsamen Insel, ohne Erwachsene, die sagen was zu tun ist, ohne die Möglichkeit Hilfe zu rufen und ohne das Wissen, wie man in der Natur überlebt. Zuerst weiß keiner so recht was zu machen ist, aber ein kluger Kopf ist dabei: Piggy! Piggy ist klein und dick, trägt eine Brille und niemand nimmt ihn ernst. Doch er ist es, der vorschlägt Hütten zu bauen, damit sie alle in der Nacht geschützt sind. Und seine Brille ist notwendig um das Signalfeuer anzuzünden. Piggy behält fast immer einen klaren Kopf und genau das passt den Kindern nicht. Er denkt wie ein Erwachsener, dabei wollen sie doch viel lieber ihre neue Freiheit genießen. Piggy ist hier der heimliche und tragische Held der Geschichte. Die Kinder wählen einen Anführer – Ralph -, der oft nur mit Piggys Hilfe Prioritäten zu setzen weiß. Doch Jack weigert sich von Anfang an, Ralphs vernünftigen Anweisungen zu folgen und macht lieber sein eigenes Ding. Umso erschütternder ist es, als sich das Lager aufteilt und aus dem Großteil unter der Führung von Jack Wilde werden, die jeglichen Anschluss an die Zivilisation verloren haben. Am Ende eskaliert die Situation auf der Insel und Ralph steht schließlich allein auf der Seite der Vernunft.
William Golding zeigt hier sehr kritisch auf, was passiert, wenn Menschen von jeglichen Regeln befreit werden und wie schnell Menschen jemandem folgen, der genug Macht hat. Es reicht manchmal völlig aus, den Menschen vordergründig das zu geben, was sie sich am meisten wünschen und so wurde auch Jack zum Anführer. Stück für Stück baut Jack hier seine Macht auf, bis sich einfach keiner mehr traut ihm zu widersprechen. Er ist eiskalt und schreckt nicht davor zurück zu töten um seinen Standpunkt klar zu machen. Die Figuren hat der Autor gut aufgebaut, doch leider ist mir atmosphärisch viel zu wenig rüber gekommen. Die Angst, die Benommenheit, die Ausweglosigkeit – nichts hat mich mitgerissen. Das finde ich sehr schade, denn Potential war ganz klar da. Der Schreibstil hat es mir auch nicht leichter gemacht, die Sprache war teilweise sehr befremdlich für mich und oft ist mein Kopf über verschiedene Formulierungen gestolpert. Das hat den Lesefluss oft unterbrochen. Ich glaube, dass das Buch erst zu einem richtig guten Buch wird, wenn man sich nach dem Lesen längere Zeit mit dem Thema des Buches auseinandersetzt. So leicht ließ es mich gedanklich auf jeden Fall nicht los.
Trotzdem hat mich das Buch manchmal auch dazu bewegt, mir selbst die Frage zu stellen, wem ich folgen würde – der Vernunft oder dem vermeintlichen Spaß. Dass der Autor mich dazu gebracht hat, hat mir gut gefallen.
Zitat
Er verstand auf einmal das Mühsame dieses Insellebens, wo jeder Pfad eine Improvisation war und wo man einen beträchtlichen Teil seines Tages damit ausfüllt, auf seine Füße zu achten. (Seite 86)
Fazit
Ein lesenswerter Klassiker mit einer guten Portion gesellschaftlicher Kritik. Leider fehlt es an Atmosphäre und Spannung, deshalb von mir nur eine solide Leseempfehlung.
Bewertung
3/5
Der Autor
William Gerald Golding, geboren 1911 in Columb Minor, Cornwall, studierte in Oxford erst Naturwissenschaften, dann Anglistik. Er war Lehrer, im Krieg Marineoffizier. Längere Zeit lebte er in den USA, davon ein Jahr im Hollings College, Virginia. 1934 trat Golding mit Gedichten an die Öffentlichkeit. Sein erster Roman „Herr der Fliegen“ (1954) erregte in England und Amerika großes Aufsehen und hatte auch in Deutschland eine nachhaltige Wirkung. Für seinen Roman „Das Feuer der Finsternis“ wurde Golding 1980 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet. 1983 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen.
(Quelle: Fischer Verlag)
Titel der Originalausgabe: Lord of the Flies (1954)
Seitenanzahl: 229
ISBN: 978-3-596-21462-4
Verlag: Fischer
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